Bio-Lebensmittel - Alles über Anbau, Siegel und Co.
Der Markt für Biolebensmittel boomt und erreichte Jahr 2020 einen neuen Rekordumsatz von etwa 15 Milliarden Euro. Vor allem während der Pandemiezeit hinterfragten mehr Menschen die Qualität ihrer Lebensmittel und griffen zu nachhaltigeren Bio-Produkten. Trotzdem zweifeln aber immer noch viele Konsumenten an der Glaubwürdigkeit der Bio-Siegel und den Vorteilen für die Umwelt. Was wirklich hinter dem Bio-Trend steckt und was alles beim Bio-Anbau beachtet werden muss, erfährst du hier.
Was bedeutet eigentlich biologische Landwirtschaft?
Die biologische Landwirtschaft beruht auf dem Prinzip, den Einsatz von Hilfsmitteln wie Pflanzenschutz- oder Düngemittel zu vermeiden und nach Lösungen innerhalb des natürlichen Kreislaufs zu suchen. So verwenden ökologische Bauern also beispielsweise Mist, Gülle oder auch Kompost anstelle von konventionellem Dünger. Damit man aber auch zurückverfolgen kann, welche Produkte wirklich biologisch angebaut wurden, gibt es natürlich bestimmte Regeln, festgehalten in der sogenannten EG-Öko-Verordnung, an die sich alle Bio-Produzenten halten müssen. Weitere Ausschlusskriterien der EG-Öko-Verordnung sind der Einsatz von Gentechnik oder die Vergabe von Antibiotika oder Wachstumshormonen an „Nutztiere“. Darüber hinaus sind die meisten Lebensmittelzusatzstoffe bei der Bio-Produktion nicht zugelassen und beschränken sich auf 50 Stück anstatt der 300, die normalerweise zulässig sind. Künstliche Farb- und Konservierungsstoffe oder künstliche Geschmacksverstärker sind sogar komplett verboten.
Vom Nischen- zum Mainstreammarkt
Es ist kaum zu glauben, dass der heutige Bio-Trend bereits am Anfang des 20. Jahrhunderts begann. Damals war es zwar eher eine Naturkost-Bewegung, die sich hauptsächlich auf frisches Gemüse beschränkte, doch die Beweggründe dieser Gruppen waren trotzdem ähnlich zu denen der heutigen Konsumenten. Die damaligen Anhänger suchten nach einer bewussteren Ernährungsweise und Lebensmittel, die gar nicht oder nur minimal verarbeitet sowie frei von künstlichen Zusatzstoffen waren. Ganz vorne mit dabei war schon damals der landwirtschaftliche Verband Demeter und steht somit seit den 1920er-Jahren für die biologisch-dynamische Landwirtschaft. Aber jetzt noch einmal zurück zu der Naturkost-Bewegung, die natürlich in den Hippie-Jahrzenten der 60er und 70er einen Boom erlebte. Infolgedessen öffneten bereits in den 1970er-Jahren die ersten Bio-Läden in Deutschland und setzten so einen Meilenstein. Damit die Produkte des neuen Nischenmarktes besser kontrolliert werden konnten, wurde im Jahr 2000 das EU-Biosiegel und im Jahr 2001 wurde das deutsche Bio-Siegel eingeführt. Mittlerweile sind ökologische Lebensmittel allerdings so populär, dass man sie gar nicht mehr als Nischenprodukt bezeichnen kann. In Deutschland kauft bereits jede zweite Person regelmäßig Bio-Produkte und etwa 90% der Befragten möchten zukünftig gerne öfter nach der Bio-Variante greifen.
Der ökologische Einkaufsguide
Das EU-Biosiegel findest du auf fast allen Bio-Produkten, denn es heißt, dass es die Mindestanforderungen der EG-Öko-Verordnung erfüllt und sich somit „bio“ oder „ökologisch“ nennen darf. Also brauchst du dir auch bei biologischer Discounter-Ware keine Sorgen über die Glaubwürdigkeit der Deklarierung machen. Was in der EU als ökologisch gekennzeichnet wird, ist es auch. Dafür sorgen bestimmte Kontrollgremien, die einmal jährlich bei den Bio-Höfen vorbeischauen und prüfen, ob alle Verordnungen eingehalten werden. Zusätzlich bietet der Bio-Kontrollstellen-Code, der bei dem EU-Bio-Siegel zu finden ist, Sicherheit, denn er hilft dabei, die Produkte bis zu ihrem Erzeuger zurückverfolgen zu können. Was viele aber nicht wissen, ist, dass bei dem EU-Biosiegel nur 95% der Zutaten aus ökologischem Anbau stammen müssen. Das, finden manche Gruppen, ist nicht genug und haben somit eigene Anbauverbände mit unabhängigen Zertifizierungen ins Leben gerufen.
Die wohl häufigsten Siegel sind das EU-Bio-Siegel und das deutsche Bio-Siegel. Neben diesen hast du aber bestimmt auch schon einmal die Bioland, Naturland oder auch Demeter Zertifizierung auf einem Produkt entdeckt. Die Verordnungen dieser Anbauverbände gehen sogar über die gesetzlichen Angaben hinaus und sind vollkommen freiwillig.
Bei Bioland steht das Prinzip des natürlichen Kreislaufs im Vordergrund, der zum Beispiel durch die Düngung mit eigenem Tiermist erzeugt wird. Außerdem müssen Landwirte mindestens 50% ihres 100% ökologischen Tierfutters aus eigener Ernte oder von regionalen Erzeugern beziehen. Zuletzt schreibt die Bioland-Verordnung unter anderem auch mehr Auslauf und Platz für Tiere vor.
Im Gegensatz zu Bioland zeichnet Naturland auch viele internationale Erzeuger aus und legt besonderen Wert auf faire Arbeitsbedingungen. So können Produkte die Zusatz-Zertifizierung „Naturland Fair“ erhalten, wenn sie bestimmte soziale Anforderungen erfüllen. Abgesehen davon sind aber auch beispielsweise der Einsatz von Zusatzstoffen und der Auslauf für Tiere strenger geregelt als bei der EG-Öko-Verordnung.
Wie schon erwähnt, ist Demeter der schon älteste, aber auch strengste Anbauverband. Diese Zertifizierung lässt am wenigsten Zusatzstoffe zu und ist strikter im Bereich Tier- und Umweltschutz. Außerdem ist Demeter nicht nur biologisch, sondern biologisch-dynamisch und schreibt vor, dass bestimmte Präparate aus Heilkräutern, Mineralien und Kuhdung regelmäßig verwendet werden. Jedoch ist der Demeter-Verband der Einzige, der eine Tierhaltung vorschreibt, damit der landwirtschaftliche Kreislauf sichergestellt werden kann.
Laut einer Studie finden 2/3 der Befragten, dass unabhängige Bio-Siegel wichtig sind und fast bei 60% der Teilnehmer beeinflussen diese sie beim Lebensmittelkauf. Doch gleichzeitig hindert viele am Bio-Kauf immer noch der Preis der Lebensmittel.
Sind Bio-Preise überteuert oder gerechtfertigt?
Manchmal können die Preise für Bio-Lebensmittel so abschreckend sein, dass man doch lieber zur konventionellen Variante greift. Allerdings darf man nicht vergessen, dass der ökologische Landbau oft mit deutlich mehr Aufwand und auch Kosten verbunden ist. Bei der biologischen Landwirtschaft sind die Erträge pro Hektar sowie die Wachstumsraten der Tiere oft geringer. Zudem haben die Tiere mehr Platz und eine längere Lebenszeit, was die Kosten in die Höhe treibt.
Was aber oft nicht bedacht wird, ist, dass die konventionelle Landwirtschaft viele versteckte „Umweltkosten“ beinhaltet, die beispielsweise für die Reinigung des mit Antibiotika- und pflanzenschutzmittelverseuchten Trinkwassers oder der Abhilfe bei Bodenerosionen zustande kommen. Somit spart der Ökolandbau also langfristig gesehen viel Geld.
Es ist also verständlich, dass Bio-Produkte einen höheren Preis haben und auch brauchen, damit es sich für die Landwirte rentiert. Es gibt aber auch schon einige ökologische Discounter-Lebensmittel, die du zu einem besonders fairen Preis erhältst.
Bio - Der Umwelt zuliebe
Grundsätzlich ist sind ökologische Lebensmittel umweltfreundlicher hergestellt worden als konventionelle. Bei dem Ökolandbau gelangen weniger Pestizide in das Grundwasser und die Treibhausgaserzeugung wird ebenfalls reduziert. Dies liegt daran, dass synthetische Stickstoffdünger oder chemischen Pflanzenschutzmittel, welche mit viel Energieverbrauch verbunden sind, unter der EG-Öko-Verordnung nicht erlaubt ist. Die Anbaumethoden sind besonders schonend und verhindern, dass der Boden zu stark übersäuert. Außerdem tragen sie dazu bei, dass die Böden lockerer sowie humusreicher sind und mehr Wasser speichern können.
Eine besonders wichtige Verordnung in der Bio-Landwirtschaft ist der Fruchtwechsel oder Fruchtfolge, was bedeutet, dass auf einem Feld keine Monokultur herrscht und es immer wieder mit verschiedenen Pflanzenarten besät werden muss. Dadurch kann dem Boden die wichtigen Nährstoffe, die ihm von einer Pflanzenarzt entzogen wurden, durch eine andere wieder zugeführt werden und der Fruchtbarkeit des Bodens wird gefördert.
Darüber hinaus ist der ökologische Landbau besonders wichtig für die Erhaltung der Artenvielfalt. Laut der EG-Öko-Verordnung ist es nämlich vorgeschrieben, auf unbebauten Feldrändern Wildwuchs zuzulassen. So bildet sich ein natürlicher Rückzugsort für verschiedene Pflanzen- und Tierarten, die bei auf konventionellen landwirtschaftlichen Flächen keinen Platz finden.
Wie du siehst, hat der biologische Anbau unserer Lebensmittel viele Vorteile, vor allem aber für die Natur. Wenn du also deine Ernährung gerne auf Bio-Produkte umstellen möchtest und dir über die Verfügbarkeit oder die Preise der Lebensmittel Sorgen machst, kannst du auch erst einmal ein paar Produkte austauschen. Eine Liste der Lebensmittel, die am meisten Pestizide aufnehmen und du bestmöglich immer Bio kaufen solltest, findest du hier. Wenn dir aber ein nachhaltiger Umgang mit der Natur am Herzen liegt, dann schau dich bei deinem nächsten Einkauf einfach nach den verschiedenen Siegeln um. Natürlich sollten Kaufentscheidungen aber auch von Aspekten der Nährstoffe, Regionalität oder des Fair-Trades beeinflusst werden.