Eisenmangel durch eine vegane Ernährung?
Mythen über Risiken und Nachteile der vegane Ernährung gibt es viele. Wir wollen mit einigen Vorurteilen aufräumen und haben uns in diesem Beitrag dem Thema Eisenmangel gewidmet. Wir erklären dir, wofür unser Körper Eisen braucht, was eisenreiche Lebensmittel sind und wie du auch mit einer ausgewogenen pflanzlichen Ernährung und ein paar Tricks deinen täglichen Bedarf problemlos decken kannst!

Ist eine vegane Ernährung ungesund?
Ein bloßer Trend ist die vegane Ernährung schon lange nicht mehr. Weltweit ernähren sich immer mehr Menschen vegan und verzichten dabei auf sämtliche tierische Produkte. Nach wie vor gibt es gegenüber der rein pflanzlichen Ernährung jedoch zahlreiche Vorurteile und Mythen:
Wer sich vegan ernährt, kann seinen Nährstoffbedarf nicht decken und leidet früher oder später an Mangelerscheinungen, wodurch man sich nur mit unzähligen Supplementen am Leben halten kann. Außerdem ist eine vegane Ernährung doch komplett unnatürlich, da Menschen Fleisch und tierisches Protein als Eiweißlieferant für eine vollwertige Ernährung ja zwingend brauchen! Oder? Und überhaupt: Eine vegane Ernährung ist unglaublich kompliziert und zeitintensiv, da man ja praktisch nichts mehr von dem essen kann, was in den Supermärkten und Restaurants angeboten wird! Und das, was man essen kann, ist alles furchtbar teuer und viel zu exotisch. Ich meine: Unzählige Ersatzprodukte aus Soja, dessen Konsum den Regenwald zerstören – was soll daran gesund und umweltfreundlich sein?
Eat the rainbow
Du siehst: die Gerüchteküche brodelt ordentlich, wenn es um Veganismus geht! Und natürlich stimmt es auch, dass eine vegane Ernährung nicht direkt mit einer gesunden Ernährung gleichgesetzt werden kann. Allerdings auch nicht mit einer ungesunden!

Wie bei jeder ausgewogenen Ernährung geht es auch bei der rein pflanzenbasierten Ernährungsform darum, eine möglichst vielfältige Kombination aus Gemüse in allen Farben des Regenbogens, Hülsenfrüchten, Samen, Nüssen, Obst, Kräutern, Gewürzen und vollwertigem Getreide zu sich zu nehmen und auf raffinierten Zucker, Auszugsmehle und industriell verarbeitete Nahrungsmittel so weit es geht zu verzichten.
Werden also bei der veganen Ernährung einige einfache Grundsätze befolgt, können die oben genannten Vorurteile über die pflanzliche Ernährung ganz einfach entkräftet werden!
Eisen
Ebenfalls ein immer wieder gern genannter potenzieller „Mangelkandidat“ der veganen Ernährung ist das Spurenelement Eisen. Dieses kann nicht vom Körper selbst produziert werden, sondern muss in ausreichender Menge über die Nahrung aufgenommen werden, wobei der tägliche Eisenbedarf je nach Alter, Geschlecht und allgemeiner Lebenssituation sehr individuell ist. Diesen Bedarf zu decken ist insbesondere als Vegetarier*in oder Veganer*in gar nicht so einfach. Warum? Das erfährst du im Folgenden!
Wozu braucht unser Körper Eisen?
Eisen ist wichtig und gehört zu den lebensnotwendigen Nährstoffen für den Körper. Dieses erfüllt nämlich eine ganze Reihe von essenziellen Funktionen im Körper, allem Voran der Sauerstofftransport in die Körperzellen. Ein Eisenmangel führt daher primär zu einer Unterversorgung des Körpers mit Sauerstoff.
Wie lässt sich ein Eisenmangel feststellen? – Symptome
Die mangelnde Sauerstoffzufuhr durch zu wenig gelöstes Eisen im Körper kann zu verschiedensten Symptomen führen. Häufig genannte sind vor allem:

- Konzentrationsstörungen
- Depressive Verstimmungen
- Infektanfälligkeit
- Verminderte körperliche Leistungsfähigkeit
- Schwindel oder Kopfschmerzen
- Erschöpfung, Müdigkeit oder Abgeschlagenheit
- Blasse Haut
- Brüchige Nägel und Haarausfall
Eindeutig feststellen, lässt sich ein Eisenmangel aber am besten beim Hausarzt durch eine Blutuntersuchung. Erythrozyten und Hämoglobin geben einen Hinweis darauf, wie viel Eisen aktuell im Blut ist. Der Ferritinwert zeigt zudem auf, wie es um den Eisenspeicher bestellt ist.
Spannend ist außerdem, dass längst nicht nur Vegetarier*innen oder Veganer*innen von einem möglichen Eisenmangel betroffen sind, sondern es sich dabei um ein globales Problem unabhängig der individuellen Ernährungsform handelt. Laut der WHO sind etwa 30% (also rund 2 Milliarden Menschen!) von einer Unterversorgung dieses Mikronährstoffes betroffen, wodurch Eisenmangel der weltweit häufigste Nährstoffmangel überhaupt ist!
Umso wichtiger ist es, ausreichend Eisen über die Nahrung aufzunehmen.
Worin ist Eisen enthalten?
Eisen, das am häufigsten vorkommende Element in der Erde, ist nahezu in allen Lebensmitteln erhalten, doch meistens nicht in nennenswerten Mengen. Nach wie vor gilt Fleisch als DER Eisenlieferant schlechthin – zu Unrecht. Oftmals ist der Eisengehalt in vielen pflanzlichen Lebensmittelns wesentlich höher als der von Fleisch: 100g Rindfleisch enthalten zum Beispiel 2,4mg Eisen, 100g Spinat dagegen 3,5mg und Quinoa sogar stolze 8,0mg Eisen.
Weitere wertvolle pflanzliche Eisenquellen sind zum Beispiel (Angaben in mg/100g):
Hülsenfrüchte Kräuter und grünes Blattgemüse Linsen (8,0) Brennnessel (14) Kichererbsen (6,1) Petersilie (6,2) Bohnen (6,1) Spinat (3,5) Tofu (5,4) Feldsalat (2,7)
Trockenfrüchte Getreide Pfirsich (6,5) Amaranth (9,0) Aprikose (4,4) Quinoa (8,0) Banane (2,8) Hirse (6,9)
Haferflocken (5,1) Nüsse und Samen Grünkern (4,2) Kürbiskerne (12,5) Sesamsamen (10,0) Leinsamen (8,2) Mandeln (4,1) Haselnüsse (3,8)
Da viele der oben genannten Lebensmittel zu den Hauptnahrungsquellen vieler Vegetarier*innen und Veganer*innen gehören, erzielen diese mengenmäßig sogar meist eine relativ hohe Eisenzufuhr aus Lebensmitteln. Oft sogar eine höhere als Mischköstler*innen!
Doch ist es nicht nur entscheidend, wie viel Eisen ein Lebensmittel enthält, sondern, wie gut es für den Körper verfügbar ist. Und hier unterschiedet sich pflanzliches Eisen gegenüber tierischem Eisen enorm.
Die Bioverfügbarkeit
Grundsätzlich kann zwischen 2 verschiedenen Eisentypen in unseren Nahrungsmitteln unterschieden werden:
- Häm-Eisen, das lediglich in tierischen Produkten vorkommt
- Nicht-Häm-Eisen, das sowohl in pflanzlichen als auch in tierischen Produkten zu finden ist
Während Häm-Eisen im Darm direkt resorbiert werden kann, muss Nicht-Häm-Eisen zunächst noch umgewandelt werden. Dadurch ist die Bioverfügbarkeit, also wieviel und wie schnell das Eisen in den Blutkreislauf gelangt, bei beiden Typen sehr unterschiedlich.
Lange Zeit wurde daher angenommen, dass eine ausreichende Eisenversorgung bei vegetarischer oder veganer Ernährung trotz der hohen Eisenanteile mancher pflanzlichen Produkte nicht erreicht werden kann. Diese Annahme konnte jedoch durch einige wissenschaftliche Forschungen widerlegt werden.
Kann ich die Bioverfügbarkeit von pflanzlichem Nicht-Häm-Eisen steigern?
Die Bioverfügbarkeit des Nicht-Häm-Eisens hängt stark von den Substanzen und Nährstoffen ab, die du gleichzeitig zu dir nimmst. Es gibt bestimmte Stoffe, welche die Eisenaufnahme fördern und andere, die sie hemmen.

Resorptionsfördernd:
- Vitamin C/Ascorbinsäure (Paprika, Orange, Zitrone, Kiwi, Brokkoli, frische Kräuter)
- Apfel- und Zitronensäure aus Obst und Gemüse
- Milchsäure (Sauerkraut, Kimchi)
- Beta-Carotine (Karotten, Süßkartoffeln, Grünkohl, Kürbis, Aprikosen)
- Schwefel (Zwiebel, Lauch, Knoblauch)

Resorptionshemmend:
- Phytate (Getreide und Hülsenfrüchte – Abhängig von der Zubereitung!)
- Oxalsäure & Polyphenole (schwarzer & grüner Tee sowie Kaffee)
- Kalzium (Milch und Milchprodukte)
- Phosphate (verarbeitete Milchprodukte wie Schmelzkäse oder Eis sowie Softdrinks)
Die resorptionshemmenden Substanzen sollten für eine effektive Eisenaufnahme nicht gleichzeitig mit eisenhaltigen Lebensmitteln eingenommen werden sowie auch ca. 2 Stunden vor oder nach der Nahrungsaufnahme vermieden werden.
Neben der gezielten Kombination mit Zutaten, die die Eisenaufnahme verbessern, spielt die Zubereitung der Eisenquellen eine wichtige Rolle (s.o. Getreide & Hülsenfrüchte). Wird eisenhaltiges Essen erwärmt oder fermentiert, erhöht dies die Bioverfügbarkeit. Keimen und Mälzen haben denselben Effekt, da so die enthaltenen resorptionshemmenden Substanzen abgebaut werden.
Was gibt es sonst noch zu beachten?
Außerdem zu beachten, gilt es, dass der Körper immer nur eine bestimmte Menge an Eisen pro Mahlzeit aufnehmen kann. Die eisenhaltigen Lebensmittel sollst du also gut über den Tag verteilt essen, statt nur einmal am Tag eine sehr eisenreiche Mahlzeit zu dir zu nehmen.
Ein Beispiel für einen idealen Tagesablauf wäre zum Beispiel:
- Kürbiskerne und Kiwi im Müsli zum Frühstück
- Hummus aus Sesampaste und einem Schuss Zitronensaft als Add-on zum Mittagessen aus viel grünem Blattgemüse
- und ein Quinoa-Salat mit Kernen, Paprika und Limettendressing zum Abendessen.
So hast du in jeder Mahlzeit eine Eisenquelle mit einer resorptionsfördernder Substanz kombiniert und sorgst dafür, dass dein Körper einen möglichst hohen Anteil des Eisens auch tatsächlich verwerten kann.
Fazit: Was zählt ist die Umsetzung!
Zunächst ist Eisen nicht nur ein potenziell kritischer Nährstoff für Veganer*innen, sondern für alle Menschen unabhängig ihrer individuellen Ernährungsform. In der Regel ist dabei nicht die Menge an Eisen, die zu sich genommen wird, das Problem, sondern eher, wie es zu sich genommen wird.
Der entscheidende Trick ist es, das pflanzliche Nicht-Häm-Eisen gezielt zu sich zu nehmen, es mit anderen Nährstoffen geschickt zu kombinieren und auf die Verarbeitung der Eisenquelle zu achten, um die niedrige Bioverfügbarkeit zu erhöhen. Es gilt sich mit den Besonderheiten des Eisenstoffwechsels auseinanderzusetzen und diese Kenntnisse bei der individuellen Lebensmittelauswahl und -zubereitung zu beachten.
Wie du anhand des beispielhaften Mahlzeitenplans für einen Tag gesehen hast, handelt es sich hierbei um ganz natürliche und unkomplizierte Kombinationen, mit denen du ohne großen Aufwand einen Eisenmangel bei veganer Ernährung vorbeugen und für eine bessere Eisenaufnahme sorgen kannst.
Wenn du dein Essen richtig kombinierst und auf Abwechslung im Speiseplan achtest, kannst du also auch als Vegetarier*in oder Veganer*in problemlos genügend Eisen zu dir nehmen und deinen individuellen Bedarf ohne die Einnahme von Supplementen effektiv decken.
Eisenhaltige Nahrungsergänzungsmittel sind bei gesunden Menschen und ausgewogener veganer Ernährung nicht nötig und sollten nur bei einem nachgewiesenen Mangel nach Rücksprache mit einem Arzt eingenommen werden. Denn auch eine Eisenüberschuss kann sich sehr negativ auf deine Gesundheit auswirken!
Abschließend lässt sich nur festhalten: Es ist ein großer Irrtum, dass man zwingend einen Eisenmangel bekommt, wenn man sich rein pflanzenbasiert ernährt!

*diese allgemeinen Tipps beziehen sich auf gesunde Menschen mit einer normalen Eisenabsorption sowie einem normalen Eisenbedarf und gelten nicht für Personen mit einer Eisen-Resorptionsstörung oder Erkrankung, die den Eisenhaushalt beeinflusst.