Tropfen für Tropfen Handarbeit
Ein Interview mit Martina und Micha von der Düsseldorfer Ölmanufaktur

Das Vorurteil, dass um Fett generell ein großer Bogen gemacht werden sollte, um gesund zu bleiben und eine schlanke Linie zu bewahren, ist lange überholt. Heutzutage wissen wir, wie gesund die vor allem in pflanzlichen Produkten wie Nüssen und Avocados enthaltenen Fette für unsere Gesundheit sind.
Doch nicht nur aus ernährungsphysiologischer Sicht hat Fett einen festen Platz in unserer täglichen Ernährung verdient – auch geschmacklich kann es viele Gerichte abrunden. Zum Beispiel in Form von schonend gepressten, aromatischen und nährstoffreichen Ölen. Und auch in den vermeintlichen Abfallprodukten der Ölproduktion steckt großes Potenzial.
Echte Experten in diesem Bereich sind Martina und Micha von der Düsseldorfer Ölmanufaktur. Um mehr über den Zero-Waste-Herstellungsprozess, die Anwendungsmöglichkeiten und die Reise der beiden Unternehmensgründer und Ölproduzenten zu lernen, haben wir Martina und Micha in ihrer Manufaktur in Düsseldorf besucht...
baetter: In unseren Supermärkten findet sich immer ein großes Regal mit verschiedensten Speiseölen – was hat Euch dazu inspiriert mit Eurem eigenen Unternehmen Öle in Manufakturarbeit herzustellen?
Martina: Bei den Ölen in den Supermärkten handelt es sich meist um industriell gefertigte Produkte. Wir haben uns also durch die Gründung der Düsseldorfer Ölmanufaktur selber einen riesigen Gefallen getan, indem wir uns entschieden haben, in diesem Bereich ein Manufakturprodukt zu fertigen und anzubieten. Es sind auch sehr persönliche Vorlieben und der Wunsch nach einer anderen Qualität, die uns dahin geführt haben. Gute Ernährung, anspruchsvolle Küche, leckeres Essen – das sind unsere Treiber. Auch die Weise, in der die eigene Herstellung solcher Produkte erdet, hat uns sehr angesprochen. Und das Ergebnis – kann sich schmecken lassen.
baetter: Was sind denn die größten Herausforderungen für Euch gewesen, als Branchenneulinge in die Produktion von Ölen einzusteigen?
Martina: Der Geschäftsaufbau war für uns learning by doing, denn wir kommen beide über Umwege zu dieser handwerklichen Branche. Micha hat volontiert und sein Wissen Schritt für Schritt ausgebaut. Wir haben mit einer ganz kleinen Presse angefangen und ausgetestet, wie sich die unterschiedlichen Rohstoffe in der Pressung verhalten, wie sich die Rohstoffausbeute unterscheidet und so weiter. Wir haben uns also nach und nach immer tiefer in das Unternehmertum und den Produktionsprozess eingearbeitet.
baetter: Wie unterscheidet sich denn die Produktion in Eurer Manufaktur von der Herstellung von industriell gefertigten Ölen?
Martina: Ganz wichtig ist es, dass die Schneckenpressung sehr langsam läuft. Wir achten konsequent darauf, dass die Öl-Austrittstemperatur unter 40 Grad liegt, damit wir die Rohkost-Qualität gewährleisten können. Nur so bleiben die wertvollen Inhaltsstoffe der Öle maximal erhalten. Das ist ein ganz wesentliches Qualitätsmerkmal und ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber industriell gefertigten Produkten.
Was an unserem Herstellungsprozess auch ganz besonders ist, ist die Kaltfilterung. So entfernen wir nach der Pressung die verbleibenden Schwebeteilchen aus dem Öl. Diese Schwebeteilchen „arbeiten“ nämlich in den Flaschen weiter, nehmen Einfluss auf die Haltbarkeit und den Geschmack der Öle – beispielsweise bekommen das Walnussöl und das empfindliche Leinöl dadurch häufig eine bittere Note. Das möchten wir verhindern. Außerdem setzen sich die Schwebeteilchen im Laufe der Zeit am Flaschenboden ab und trüben das Öl ein. Einmal geöffnete Flaschen neigen so eher dazu, ranzig zu werden.
Die Kaltfilterung ist ein vergleichsweise aufwändiger handwerklicher Prozess, darum macht das heute kaum noch jemand. Die meisten anderen Ölmühlen warten, bis sich die Schwebeteilchen am Boden abgelagert haben und schöpfen das Öl dann ab. Unser Filterprozess ist da deutlich gründlicher. Die größeren Ölmühlen filtern in einem industriellen Verfahren, das sich Kammerfilterpressung nennt. Das ist zwar gründlich, funktioniert aber nicht ohne Hitzeentwicklung – somit sind die Öle danach im Gegensatz zu unseren nicht mehr rohköstlich.

baetter: Was ist Euch denn bei der Auswahl der Rohstoffe besonders wichtig?
Micha: Als Erstes auf jeden Fall die Bio-Qualität. Dann ist es ganz wichtig, dass die Ware an sich qualitativ so hochwertig wie möglich ist. Das heißt, die Nüsse, Kerne und Saaten müssen trocken sein, dürfen nicht verunreinigt sein und sollten einen intensiv-aromatischen Geschmack haben.
Martina: Wir erleben selbst manchmal Überraschungen. Zum Beispiel, wenn wir eine Senfsaat bekommen, die intensiver nach Senfaroma schmeckt als die vorige. Da gibt es natürliche Schwankungen. Unsere Produkte sind eben Naturprodukte, deshalb kann es gut vorkommen, dass das Senföl aus einer Charge etwas anders schmeckt als das Senföl aus einer anderen Charge.
Micha: Wir tendieren dazu von den Erzeugern direkt zu kaufen. Wie Beispielsweise unsere Walnüsse. Wir kennen den ungarischen Erzeuger persönlich und beziehen die Nüsse direkt von seiner Walnussfarm.
baetter: Wie sieht denn nach Eurer Meinung eine gesunde Ernährung aus und welche Rolle spielen Eure Öle dabei?
Martina: Ein wichtiges Thema, bei dem wir sicherlich etwas missionarisch sind, ist die Erhitzung von Ölen. Herkömmliches Sonnenblumenöl oder Olivenöl zum Braten – das geht gar nicht (lacht). Sobald der Rauchpunkt überschritten ist, entstehen sehr ungesunde Stoffe, weshalb eine starke Erhitzung unbedingt vermieden werden sollte.
Unsere Rohkost-Öle sind einfach ideal für kalte Speisen und zum Verfeinern von Suppen, Saucen etc. Ein gutes Brot mit Tomaten, Gurke und Rucola und ein paar Tropfen Hanföl schmeckt himmlisch! Oder ein Pasta-Gericht in Haselnussöl schwenken – mit den Ölen kann man Speisen einfach ganz toll adeln. Und man tut sich etwas Gutes.
Zum Beispiel Schwarzkümmelöl lässt sich gut während der Allergiezeit einsetzen, um Beschwerden entgegenzuwirken. Unser Rapsöl, Sesamöl, Erdnussöl und Senföl lassen sich bedenkenlos auch bis etwa 170-180 Grad erhitzen. Beim Dünsten von Fleisch und Gemüse sind sie einfach großartig, zum scharfen Anbraten eignen sie sich aber nicht.
baetter: Euer Sortiment an Ölen ist schon recht groß. Ist Euer Sortiment abgeschlossen oder sind noch weitere Öle geplant?
Martina: Es gibt noch einige Nüsse, Saaten und Kerne, die sicherlich noch viel Potenzial haben. Unsere Manufaktur ist immer auch eine kleine Experimentierwerkstatt, die sicherlich noch spannende Produkte hervorbringt.
baetter: Neben köstlichen Ölen umfasst Euer Sortiment auch verschiedenste Mehle – wie seid Ihr denn dazu gekommen?
Martina: Die Mehle entspringen dem Zero-Waste-Ansatz. Insbesondere Micha legt sehr großen Wert auf Nachhaltigkeit, weshalb wir unsere Rohstoffe komplett verwerten. Das zieht sich von der Verpackung über die Produktion bis zu den Mehlen. Das „Abfallprodukt“ der Ölproduktion sind die Pellets, also die komprimierten, hoch eiweißhaltigen und teilentölten Nüsse und Saaten, die wir zu feinem Mehl vermahlen. Das Ergebnis sind super aromatische, glutenfreie, einzigartige Mehle, die vielseitig verwendet werden können.

baetter: Uns als Back-Start-up interessiert natürlich, wozu Eure Mehle eingesetzt werden können.
Martina: Die Mehle sind allesamt Top-Eiweißlieferanten. Sie eignen sich sowohl für die süße, als auch für die herzhafte Küche. Man kann zum Beispiel mit dem Walnussmehl und dem Haselnussmehl tolle Ergebnisse im Bereich Gebäck und Brote erzielen. Es gibt aber auch Mehle, die besonders für den herzhaften Bereich geeignet sind. Hanfmehl und Kürbiskernmehl sind toll für Tartes, Pizzaböden und ähnliches – einfach unheimlich lecker! Wir haben auch schon Pasta aus Kürbiskernmehl selber gemacht. Auch für Müslis, Porridge, Smoohties und Panaden – die Mehle sind einfach wahnsinnig vielseitig.

Und weil die Mehle so köstlich und besonders sind, haben wir natürlich auch ein leckeres Rezept mit einem der Bio-Mehle der Düsseldorfer Ölmanufaktur entwickelt: Walnuss, Schoko & Dattel Streusel Muffins!
Hier geht es zum Rezept
Vielen Dank an Martina und Micha für das Interview! Zur Website der Düsseldorfer Ölmanufaktur geht es hier:
