Wie bilde ich gesunde Essgewohnheiten?
Reframing – das Implementieren von gesunden Essgewohnheiten um eine gesunde Beziehung mit Essen zu formen
Jeder hat an einem Punkt in seinem Leben schonmal versucht seine eigenen Essgewohnheiten umzustellen. Sei es, weil man die letzten Fettpolster vor dem Sommerurlaub verlieren wollte, oder weil man sich durch Muskelaufbau und Massephase Po oder Bizeps antrainieren wollte. Vielen Menschen wird aufgrund von Unverträglichkeit oder Krankheit keine andere Wahl gelassen, als sich genauer mit dem Thema Ernährung auseinanderzusetzen. Leider bleibt es bei ambitionierten Zielen oft nicht aus, dass eine gesunde Ernährung dabei außen vor bleibt und sich Suchfragen wie „Tipps hungern“ und „Hungergefühl unterdrücken“ häufen. Gewichtsabnahme, aber auch Zunahme, verlieren so häufig ihren Draht zur körperlichen Gesundheit. Und auf der jagt nach der „optimalen“ Ernährung für ein bestimmtes Ziel , werden tatsächlich gesunde Essgewohnheiten abgelöst durch einen Cameo-Auftritt von Gewohnheiten, die zu sozialer Isolation und langfristigen gesundheitlichen Schäden führen können. Dieser Blogartikel soll einen kleinen Einblick schenken, wieso manche Verhaltensmuster und Diäten für Individuen gefährlich sein können, und welche Schritte man gehen kann um dafür zu sorgen, dass die Beziehung zum eigenen Essverhalten gebessert wird.
Gewichtsverlust oder -zunahme – Der Weg ist das Ziel
Viele Diäten werben oder verkaufen sich selbst über die Geschwindigkeit des Gewichtsverlustes. Dabei ist es egal wie schlecht es einem währenddessen geht – wichtig ist, die im Kopf als Ziel eingebrannte Nummer in kürzester Zeit zu erreichen. Bei Fehltritten oder zu geringer Gewichtsabnahme, geht der eigenen Motivation die Luft aus, und oft ist das Endergebnis erweiterte Entfernung zum ursprünglichen Ziel. Dasselbe gilt auch für den Muskelaufbau oder gewünschte Gewichtszunahme – selten wird der Prozess gegenüber dem Ziel priorisiert. Ob Ketogene, Paleo oder Low-Carb Diät – die Taktik zur Gewichtsabnahme besteht häufig darin eine, oder gleich mehrere, Nahrungsmittelgruppen auszuschließen, um ein einfaches Schema anzubieten. Diese Einschränkung führt häufig dazu, dass hochverarbeitete Lebensmittel aus der Ernährung ausgeschlossen werden – wahrscheinlich ein Hauptgrund für ihr kurzfristig großes Erfolgspotenzial. Schließlich haben Diäten im Allgemeinen eine mickrige Erfolgsquote von unter 20%, wenn es darum geht langfristige Gewichtsreduktion zu erzielen. Ähnliche Muster bestätigen sich bei der gewünschten Gewichtszunahme: hier werden häufig extrem nährstoffarme, energiedichte Ernährungsweisen, ohne Rücksicht auf mögliche gesundheitliche Langzeitfolgen, gepusht. So zeigen sich viele junge Todesfälle im Bodybuilding, die das Paradoxon, dass Muskelaufbau ungesund sein kann, unterstützen. Das dies natürlich auch mit vielen Hormonellen eingriffen in Verbindung steht wollen wir nicht bestreiten – diese Thematik ist, wie viele andere auch, multifaktoriell und komplex.
Kampf gegen das Hungergefühl
Ernährungsumstellungen und Diäten sind häufig Opfer des Mikromanagements, was dazu führt, dass die Thematik rund um Mahlzeittiming mehr Relevanz zugesprochen bekommt als sie bei Zeiten verdient hat. Pauschalisiert kann man derzeit behaupten, dass es keine optimalen/besten Essenszeiten gibt – dann zu Essen, wann wir tatsächlich hungrig sind, ist eine Übung, die uns jedoch wahrscheinlich allen gut tun würde. Dies gilt für alle die ihren Hunger unterdrücken, aber auch für diejenigen unter uns die einem ständigem Hungergefühl unbegründet nachkommen.
Mentale Gesundheit
Große Restriktionen im Ernährungsbereich kann bei vielen Individuen langfristige mentale Schwierigkeiten im Umgang mit Essen auslösen. Häufig unterliegen Krankheitsbildern wie Bulimie, Fresssucht und Magersucht tiefergehende mentale Schwierigkeiten, wie bspw. Depressionen. Restriktive Ernährungsweisen liefern ein Gefühl der Kontrolle und dienen häufig als Kompensationsmechanismus, um dunklere Gefühle für den Alltag zu bewältigen. Virale sogenannte „Ernährungstipps“ die einen Gesundheit oder den eigenen Traumkörper unter extremste Situation versprechen, sind daher vor allem gefährlich für alle vorbelasteten Mitmenschen unter uns.
Implementierung gesunder Essgewohnheiten
Unter den genannten Gesichtspunkten sollten wir uns selbst, aber auch auf gesellschaftlicher Ebene fragen, ob die derzeitigen Standards einer „ausgewogenen“ Ernährung im Kontext einer Gewichtsabnahme oder -zunahme wirklich gut genug sind. Derzeit schauen wir auf eine Landschaft die geprägt ist durch die Suche nach einem Hausmittel gegen Hunger. Die negativ geprägt ist durch Vokabular wie „leichtes essen zum Abnehmen“ und zielgesteuert nach Wege sucht den eigenen Hunger zu überlisten. Dies bedeutet nicht, dass der Wunsch nach Änderung und Anpassung der körperlichen Erscheinung einer ist der verteufelt werden sollte. Oder, dass ein Streben nach gesundheitlicher Verbesserung mit Hilfe der eigenen Ernährung unterdrückt werden muss. Die Art wie die Thematik zurzeit behandelt wird muss sich jedoch ändern. Zu einer ausgewogenen Ernährung gehört auch ein ausgewogenes Mindset, langfristige gesundheitliche Erfolge sollten ebenso im Fokus stehen wie physische Veränderungen. Dies bedeutet auch die sofortige Umsetzung des gewünschten körperlichen Erscheinungsbilds hintenanzustellen.
Hier sind 4 Tipps, die zur langfristigen Appetitregulierung beitragen und gesundheitsfördernd sind, ohne dabei ein restriktives Konzept zu verfolgen:
- Iss, wenn du Hunger hast. Mahlzeit-Timing aus der Kindheit folgt deinem heutigen Rhythmus nicht mehr? Dann ändere ihn!
Selbstverständlich gibt es äußere Umstände, die dazu führen, dass man nicht immer dann essen kann, wenn man möchte. Wenn du aber das Gefühl hast, dass du vor deinen Hauptmahlzeiten dazu neigst zu Snacken, ist dies vielleicht ein Zeichen, dass du deine Zeit anders einteilen solltest.
- Stopp: Kategorisiere Essen nicht in „Gut“ oder „Böse“ – verbotenes macht attraktiv und schwarz/weiß-Denken schränkt ein!
Es gibt keine „Bösen“ Lebensmittel. Mit diesem Gedankensatz ist ein Gefühl von Scham und der Gedanke etwas Verbotenes oder Schlechtes zu tun verbunden – dies ist nicht hilfreich und kann dazu führen, dass Essen mit negativen Gefühlen verbunden wird. Rotes Tuch!
- Addieren statt Subtrahieren: Mache dir lieber Gedanken darüber wie du mehr Gemüse, Obst und andere Nährstoffreiche Lebensmittel in deine Essgewohnheiten einbauen kannst, statt dir Grenzen zu setzen wie viel Zucker du konsumieren solltest!
In Anschluss an Ratschlag Nr. 2 ist es ratsam in nicht restriktiven Gedankenstrukturen zu bleiben: Ich esse zu viele energiereiche, nährstoffarme Lebensmittel – was kann ich also tun um mehr Nährstoffe zu mir zu nehmen? Ein einfaches Beispiel ist die Idee eines Beilagensalates oder das Hinzufügen von Gemüse und Obst. Studien belegen, dass dies ein sicherer Weg ist die Kalorienmenge einer Mahlzeit zu senken, während der ernährungswissenschaftliche Mehrwert steigt.
- Erlaube dir Essen zu genießen: Essen ist zwar ein Mittel zum Zweck, aber es ist auch mit vielen sozialen Interaktionen und Genuss verbunden!
Viele Menschen, die sich in eine strikte Diät begeben oder unter Essstörungen leiden meiden soziale Interaktionen häufig, da uns dann erst bewusst ist wie viele davon mit Essen verbunden sind. Regelmäßige Interaktionen mit unseren Mitmenschen sind wichtig und mindestens genauso relevant für unsere langfristige Gesundheit wie unsere Ernährung. Dies bedeutet nicht, dass man sich immer im Restaurant oder Café zum Essen treffen muss. Regelmäßigkeit und Routine sind jedoch wichtig im Umgang mit Situationen in denen ein Überangebot an Essen herrscht – dies gilt auch für Feiertage. Übermäßige Restriktion in der einen Situation, kann zur Maßlosigkeit in der Nächsten führen. Erlaube dir, dich an solchen Abenden frei zu verhalten und mit der Zeit wird dir auffallen, dass die soziale Interaktion und nicht die Speisekarte zu deinem Fokus geworden ist.